Kosten (k)einer Kindergrundsicherung: Folgekosten von Kinderarmut

Jeder fünfte deutsche Haushalt mit Kindern lebt unter der Armutsrisikogrenze. Vor diesem Hintergrund wird aktuell eine Kindergrundsicherung diskutiert, die laut Koalitionsvertrag Familien stärken und Kinder aus der Armut holen soll. In der öffentlichen Debatte werden die gesellschaftlichen Folgekosten von Kinderarmut allerdings kaum den Kosten für Maßnahmen gegen Kinderarmut gegenübergestellt. Diese sind jedoch bedeutend und treten beispielsweise in den Bereichen Gesundheit, Bildung und soziale Teilhabe auf. Dass Investitionen in Kinder langfristig zu erheblichen fiskalischen Einsparungen führen, zeigt eine Szenarioanalyse, die die Effektivität von politischen Maßnahmen gegen Kinderarmut bestätigt.

Die Ergebnisse der Kurzexpertise im Auftrag der Diakonie Deutschland zeigen, dass von Armut betroffene Kinder ein höheres Risiko gesundheitlicher Probleme haben, die unter anderem zu unmittelbaren Kosten im Gesundheitssystem und zu indirekten Kosten durch verkürzte Erwerbszeit führen. Ein schlechterer Zugang zu Bildungsangeboten lässt in Zukunft niedrigere Lohnsteuern und Abgaben, dafür aber höhere staatliche Ausgaben folgen. Ein durch Kinderarmut ausgelöster Mangel an sozialer Teilhabe wirkt sich negativ auf das soziale Netzwerk aus, was sich langfristig auch negativ auf Bildungs- und Arbeitsmarktchancen auswirkt.

Vor diesem Hintergrund untersucht DIW Econ auf Grundlage von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), ob zielgerichtete Politikmaßnahmen wirksam gegen Kinderarmut sind. Jede Maßnahme der drei Szenarien – eine Entbürokratisierung, die eine vollkommene Inanspruchnahme des Kinderzuschlags bewirkt, ein kinderbezogener Transfer von 50 Euro für armutsbetroffene Kinder und ein entsprechender Transfer von 100 Euro – kann die Anzahl armutsbetroffener Haushalte mit Kindern reduzieren. Letzteres wäre besonders zielführend, um Alleinerziehendenhaushalte und Haushalte mit drei oder mehr Kindern aus der Armut zu holen – und damit die Haushalte mit Kindern, die besonders häufig von Armut betroffen sind.

Die damit verbundenen Mehrausgaben auf dem Preisniveau von 2019 würden den Staat jährlich ca. 630 Millionen (Entbürokratisierung), 2.130 Millionen (50 Euro Transfer) bzw. 4.260 Millionen Euro (100 Euro Transfer) kosten. Angesichts der Mehrkosten von über 100 Milliarden Euro, die einer OECD-Studie zufolge jährlich durch Kinderarmut hervorgerufen werden, erscheinen umfangreiche Investitionen zur Reduzierung von Kinderarmut als gut angelegtes Geld.

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